Cyrill Habegger, Sie beraten seit vielen Jahren Privatpersonen und Unternehmen in steuerlichen Angelegenheiten. Wenn Sie an steuerliche Fragestellungen im Bereich Vorsorge / Sozialversicherungen denken, wo liegen die «Klassiker»?
«Klassiker» ist vielleicht etwas übertrieben, die Fragestellungen sind sehr individuell. Einige wiederkehrende Themen gibt es aber sicherlich. Bei der Beratung von Privatpersonen immer wieder ein Thema ist z.B. die Frage der Einkäufe in die 2. Säule. Einmal einen grossen Betrag einzahlen und gar keine Steuern bezahlen im betreffenden Jahr oder gestaffelte Einkäufe um Jahr für Jahr Steuern zu sparen? So einfach die Antwort auf den ersten Blick scheint, ist doch jeder Fall individuell zu prüfen: es gibt Sperrfristen zu beachten, internationale Aspekte, allenfalls sogar ein wechselseitiger Einf luss, wenn auch noch grössere Unterhaltsarbeiten an der Liegenschaft anfallen und so weiter.
Eine andere wiederkehrende Fragestellung betrifft Kapitalbezüge generell und im Speziellen beim Verlassen der Schweiz: was ist möglich und was sind die Steuerfolgen bei einem Bezug kurz vor oder eben nach Wegzug.
Was interessiert denn besonders im Bereich der Kapitalbezüge?
Einerseits die Staffelung der Bezüge, zwecks brechen der Steuerprogression, andererseits gibt es auch immer wieder Gesetzesänderungen in den Kantonen. Zürich wird per 1.1.2022 die Kapitalbezugssteuer senken und bei kleineren Vorsorgevermögen konkurrenzfähiger werden.
Die Steuerlandschaft ist im steten Wandel. Gab es in jüngerer Vergangenheit Fragestellungen, die neu aufs Tapet kamen?
Eine neuere Thematik, die mich in den vergangenen 18 Monaten stark beschäftigte, sind die Änderungen in der Schweiz im Bereich Quellensteuern. Es zeichnet sich ab, dass aufgrund des Wegfalls der sogenannten Tarif korrektur viele im Ausland ansässige Arbeitnehmende keine zusätzlichen Abzüge mehr geltend machen können. Hiervon sind dann auch Säule 3a Einzahlungen und Einkäufe ins BVG betroffen. Stand heute sieht es so aus, als würden solche bei dieser Personengruppe steuerlich komplett «ins Leere» fallen.
Zu diesem Punkt möchte ich jetzt aber doch nachfassen: Sie sagen es könnte z.B. für eine Grenzgängerin unmöglich sein, den Steuereffekt aus einer Säule 3a Einzahlung geltend zu machen?
Ja, leider. Wobei das weniger die Grenzpendler als vielmehr Wochenaufenthalter betrifft. Also Personen, welche unter der Woche bei der schweizerischen Arbeitgeberin arbeiten, um dann am Wochenende zur Familie ins Ausland zurückzukehren. Diese Personen konnten bislang mittels Tarif korrektur ihre Wochenaufenthaltskosten geltend machen und eben auch Abzüge wie Alimente oder 3a / BVG Einzahlungen. Diese Möglichkeit besteht neu nur noch, wenn man als sogenannt «quasiansässig» gilt. Hierfür müssen 90 % des Familieneinkommens in der Schweiz steuerbar sein. Verdient der Ehepartner im Ausland ebenfalls, ist das schnell nicht mehr der Fall und die steuerliche Abzugsmöglichkeit in der Schweiz ist verwehrt. Im Regelfall ist auch kein Steuerabzug im Wohnsitzstaat möglich, weshalb man die Einzahlung bleiben lässt.
Würde diese fiskalische Regelung nicht auch einen erheblichen Einfluss auf die Altersvorsorge der betroffenen Wochenaufenthalter haben?
Leider ja. Steuerlich ist das zwar unschön, doch scheint es mir fast mehr ein vorsorgetechnisches Problem: man nimmt einer ganzen Gruppe Personen, die vollumfänglich in der Schweiz sozialversichert sind, jegliche Motivation ihre beruf liche oder private Vorsorge zu verbessern.
Wie sieht es auf Seiten der Unternehmen aus? Dort werden sich sicherlich auch steuerliche Fragen ergeben rund um die Vorsorge?
Natürlich, auch bei den Arbeitgebenden gibt es einige wiederkehrende Themen. Die Einzahlung von Arbeitgeberbeitragsreserven oder Schwankungsreserven zum Beispiel. Diese Zahlungen an die Vorsorgestiftung gelten als Aufwand und können in einem sehr guten Jahr den steuerbaren Gewinn etwas glätten, während gleichzeitig die Vorsorge gestärkt wird.
Gibt es Unterschiede zwischen grossen Unternehmen und kleinen Unternehmen, respektive Selbständigen?
Ja, wir sehen solche Unterschiede in verschiedenen Bereichen. Die soeben erwähnten Arbeitgeberbeitragsreserven können Selbständige für sich selber nicht bilden. Bei Selbständigen sowie Klein- und Kleinstunternehmen in Form von AGs oder GmbHs ist z.B. auch immer mal wieder ein Thema, wie ein Vorsorgeplan finanziert werden darf, damit er steuerlich nicht problematisch ist. Wenn die Alleinaktionärin gleichzeitig die einzige Mitarbeitende ist, darf man eine Pensionskasse grundsätzlich nicht zu 100 % mit Arbeitgeberbeiträgen finanzieren, sonst riskiert man eine Qualifikation als geldwerte Leistung mit unliebsamen Steuerfolgen, bis hin zur Verrechnungssteuer. Würde jedoch z.B. die Migros eine rein arbeitgeberfinanzierte Pensionskasse führen, käme keine Steuerverwaltung auf die Idee, hier eine Lohnkomponente nachzubesteuern.
Warum braucht PensExpert einen hauseigenen Steuerfachmann? Wo erwarten Sie Ihre Schwerpunkte in der täglichen Arbeit?
Wir haben erkannt, dass bei unseren Kunden, Geschäftspartnern aber auch bei Steuerverwaltungen immer häufiger Fragen auf kommen, wie dieses oder jenes steuerlich zu qualifizieren ist respektive oft ein Beratungsbedarf ausserhalb der Vorsorgewelt besteht. Mit meiner Position wollen wir für solche Fragen eine Anlaufstelle schaffen. Wir sehen hier einen Mehrwert für unsere Partner und Kunden. Glücklicherweise hatte PensExpert schon die letzten 20 Jahre hervorragende Steuerfachleute – insbesondere mit Mario Lazzarini und Max Ledergerber – an Bord, auf deren umfangreiches Wissen ich auch zurückgreifen kann. Zwar weiss ich vieles, doch wurde ich schon in den ersten Wochen bei PensExpert mit verschiedenen Themen konfrontiert, welche ich als langjähriger Steuerberater weniger auf dem Radar hatte.
Haben Sie Beispiele dazu?
Ein Beispiel ist die Frage, ob es irgendwo einen Zeitraum gibt, in dem Überführung der Pensionskassenguthaben in eine Freizügigkeitsstiftung und Pensionierung zu zeitnah beieinanderliegen. Auch zu (kollektiven) Schwankungsreserven gabs schon verschiedene Fragen zu beantworten: wer muss diese warum äufnen und in welcher Höhe? Ein weiteres Thema sind sicher die Hypotheken, welche man sich aus dem eigenen Vorsorgegeld gewährt. Die Möglichkeit, sich sozusagen selber Hypothekarzinsen zu zahlen, welche das Vorsorgeguthaben erhöhen und steuerlich als Schuldzinsen abzugsfähig sind, ist sehr spannend aber teilweise erklärungsbedürftig. Genau für solche und ähnliche Fragen möchte ich – und zwar unabhängig davon wer die Frage stellt – ein kompetenter Ansprechpartner sein. Ich mache gerne Modellrechnungen und Planungen, kann aber z.B. durchaus auch einen Kunden zum Steueramt begleiten, um dort Rückfragen zu klären. Generell rechne ich damit, dass ich noch mit verschiedensten Themen in Berührung kommen werde, welche ich bislang nicht oder nur am Rande kenne. Darauf freue ich mich.
Dann viel Erfolg dabei – und besten Dank fürs Gespräch.