Neues Modell für Koordinationsabzug bei beruflicher Vorsorge

Vorsorgereform
Der Ständerat hat bei der Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) erste Pflöcke eingeschlagen. Dabei hat er sich beim Koordinationsabzug für ein neues Modell entschieden. Dieses soll Kleinverdiener und Mehrfachbeschäftigte im Rentenalter besser stellen.
1. Dezember 2022
Geschrieben von
Corinne Galliker
Kommunikationsverantwortliche

Neu sollen im obligatorischen BVG 15 Prozent des AHV-pflichtigen Lohnes als Koordinationsabzug berechnet werden. Dieser Betrag wird in der zweiten Säule vom massgebenden Lohn (Bruttojahreslohn) abgezogen. So erhält man den versicherten Lohn. Heute liegt dieser Abzug fix bei knapp 25'100 Franken.

Dieser hohe Abzug führt dazu, dass Arbeitnehmende mit tiefen Löhnen oder solche, die für mehrere Arbeitgeber arbeiten, ihr Einkommen nicht oder nur marginal in einer Pensionskasse versichern und damit keine Rente fürs Alter ansparen können. Dies trifft oft teilzeitarbeitende Frauen in Niedriglohnberufen.

Um mehr Menschen dieser Gruppen eine Pensionskasse zu ermöglichen, hat der Ständerat am Dienstag weiter entschieden, die Eintrittsschwelle von rund 21'500 auf gut 17'200 Franken zu senken. Künftig soll also bereits ab einem Mindestjahreseinkommen von 17'200 Franken in die Pensionskasse einbezahlt werden können. Anders als der Nationalrat möchte der Ständerat aber den Sparbeginn bei Alter 25 belassen und nicht auf 20 Jahre senken wie die grosse Kammer.

Das Herzstück der Vorlage sind jedoch die Übergangsmassnahmen für all jene, die durch die geplante Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6,0 Prozent vor der Pensionierung nicht mehr genügend Alterskapital ansparen, diesen Rentenausfall von rund 12 Prozent also nicht mehr rechtzeitig kompensieren können. Nach der Begründung der insgesamt vier Kompensations-Varianten durch ihre jeweiligen Fürsprecher unterbrach Ratspräsidentin Brigitte Häberli (Mitte/TG) die Debatte. Wann sie fortgeführt wird, stand noch nicht fest.

Nach dem knappen Ja an der Urne zur AHV-Revision am 25. September stehen die bürgerlichen Abstimmungsgewinner im Parlament unter Druck, ihr Versprechen einzulösen, nun auch bei der zweiten Säule rasch vorwärts zu machen. Das Versprechen lautet, nun auch die Benachteiligung der Frauen in der beruflichen Vorsorge aus der Welt zu schaffen. Teilzeitangestellte und Personen mit kleinen Einkommen sollen besser gestellt werden.

Über den Diskussionen hängt das Damoklesschwert eines Referendums. Dieses haben die Gewerkschaften bereits angedroht, sollten die Räte den zwischen den Sozialpartnern ausgehandelten Kompromiss nicht unterstützen. Auch der Bundesrat hat sich hinter diesen Vorschlag gestellt, der Zuschläge für sämtliche Neurentner vorsieht.

(SDA-Meldung übernommen von Website des Parlaments)

Kommentar von Mark Huber, Partner, Mitglied der GL, Leiter Niederlassungen Schweiz

«Der Ständerat hat erste Entscheide zur geplanten BVG-Reform gefällt. Teilzeitarbeitenden sowie Arbeitnehmenden mit tiefen Löhnen soll der Zugang zur obligatorischen beruflichen Vorsorge erleichtert werden. Dazu wird die Eintrittsschwelle auf 17‘208 Franken (bisher 21‘510 Franken) gesenkt. Der Koordinationsabzug wird zukünftig 15% des AHV-pflichtigen BVG-Lohnes betragen, maximal also 12‘906 Franken (bisher waren es fix 25‘095 Franken).

Leider wurde es aber verpasst, den Jüngeren früher die Möglichkeit einzuräumen, mit dem Alterssparen zu beginnen. Das ist unverändert erst mit 25 Jahren möglich. Durch eine Senkung hätte man das Interesse der 20- bis 25-Jährigen für die berufliche Vorsorge steigern können.

Zum grössten Geschäft wurde noch kein Beschluss gefasst. Wie die Übergangs- und Kompensationsmassnahmen im Rahmen der geplanten Senkung des Umwandlungssatzes – wovon nur rund 14 Prozent aller Versicherten betroffen sein werden – aussehen, ist noch unklar. Wir verfolgen die weitere Entwicklung gespannt.»

Geschrieben von
Corinne Galliker
Kommunikationsverantwortliche