Besteuerung von Kapitalleistungen im Kanton Zürich ab 1.1.2022

Praktische Tipps
Kapitalleistungen entstehen typischerweise aus Vorsorgeguthaben aus der Säule 2 oder 3a. Bei Personen, die im Kanton Zürich wohnhaft sind schlagen diese Kapitalleistungen mit einer verhältnismässig hohen Kapitalbezugssteuer zu Buche. Während bei Bezügen von einigen zehntausend Franken der Steuernachteil gegenüber anderen Kantonen überschaubar bleibt, sind beim Bezug von sehr hohen Guthaben Steuersätze von über 25% schmerzhaft. Die Politik in Zürich hat erkannt, dass Handlungsbedarf besteht. Per 1.1.2022 reduziert der Kanton Zürich nun die Kapitalbezugssteuer.
11. Juni 2021
Geschrieben von
Cyrill Habegger
Leiter Steuern, dipl. Steuerexperte

Doch was ändert konkret und wie wirkt sich die Gesetzesänderung bei Kapitalbezügen im Kanton Zürich aus?

Anders als viele Kantone und der Bund, welche auf Kapitalbezüge einen reduzierten Steuersatz anwenden, kennt der Kanton Zürich (wie z. B. auch die Kantone Graubünden und Schwyz) das Modell des Rentensatzes. Um den Satz zu bestimmen geht man gem. § 37 des Steuergesetzes Zürich von der hypothetischen Annahme aus, dass die Kapitalleistung in 10 jährlichen Tranchen ausgerichtet wird. So wird z.B. eine Kapitalleistung von CHF 600'000 zu demjenigen Satz besteuert, der sich aus einem Jahreseinkommen von CHF 60’000 ergibt. Dies resultiert in einer Reduktion der Steuerlast. Bei sehr hohen Kapitalbezügen wird der Effekt jedoch weitgehend eliminiert, weil man immer noch beim Maximalsatz landet. Im Gegensatz zu den genannten Kantonen GR und SZ sieht Zürich keinen Maximalsteuersatz vor. Dieses Modell wird im revidierten § 37 beibehalten, jedoch werden neu 20 jährlich gleichbleibende Leistungen satzbestimmend verwendet, also 5% statt wie bislang 10% der Kapitalleistung. In unserem Beispiel würde auf den Kapitalbezug von CHF 600'000 die Steuerberechnung Zürich neu auf CHF 30'000 Jahreseinkommen basieren. Wie in den nachstehenden Rechenbeispielen ersichtlich ist, führt das genau bei solchen mittelhohen Bezügen zu einer deutlichen Entlastung. Dies gilt jedoch nicht für kleinere Bezüge bis knapp CHF 250'000, da hier nach wie vor die minimale einfache Steuer zur Anwendung gelangt. Bei sehr hohen Bezügen ergibt sich nur eine eingeschränkte Entlastung, da weiterhin der Maximalsatz angewendet wird. 

Konkretes Beispiel am Kanton Zürich. Alleinstehend, ohne Kirchensteuer, inklusive direkte Bundessteuer, Stadt Zürich
Konkretes Beispiel am Kanton Zürich. Alleinstehend, ohne Kirchensteuer, inklusive direkte Bundessteuer, Stadt Zürich

Mit der Gesetzesänderung schafft Zürich im interkantonalen Vergleich bei Bezügen von rund CHF 250'000 bis CHF 2'000'000 einen Sprung nach vorne. In der nachfolgenden Tabelle sind zum Vergleich die Steuersätze der Nachbarkantone AG, SZ, TG und ZG sowie des nationalen Spitzenreiters (AI) und Schlusslichts (VD) für einen Bezug von CHF 600'000 dargestellt (jeweils im Hauptort; Berechnungen inklusive Bundessteuer).

Im Vergleich zu anderen Kantonen. Kapitalbezug CHF 600'000, Kantonshauptort, Tarif alleinstehend, ohne Kirchensteuer, inklusive direkte Bundessteuer. Beträge in CHF
Im Vergleich zu anderen Kantonen. Kapitalbezug CHF 600'000, Kantonshauptort, Tarif alleinstehend, ohne Kirchensteuer, inklusive direkte Bundessteuer. Beträge in CHF

Bei kleineren Bezügen hält sich Zürich im Mittelfeld. Allerdings bleibt die Steuerlast im  Kanton bei sehr hohen Kapitalbezügen im nationalen Vergleich erheblich. Zu beachten sind aber auch die kommunalen Steuerfüsse. Die für die Berechnung verwendete Stadt Zürich ist relativ teuer. In der Gemeinde Kilchberg würde aufgrund der tieferen Gemeindesteuern der Steuersatz auf einen Bezug von CHF 1'000'000 insgesamt bei nur 9.48% liegen.  

Fazit

Mit der Anpassung von § 37 Steuergesetz Zürich wird der Kanton attraktiver beim Bezug von Kapitalleistungen, zumal viele Auszahlungen (z. B. auch WEF-Vorbezüge) in der nun entlasteten Bandbreite liegen dürften.

Da insbesondere Kapitalleistungen in mittlerer Höhe entlastet werden, ist bei den Bezügen darauf zu achten, dass diese gestaffelt stattfinden, anstatt in einem Jahr eine hohe Auszahlung. Dies gilt allerdings schweizweit und dürfte allgemein bekannt sein. Aufgrund der Neuregelung im Kanton Zürich scheint uns aber dieser Aspekt hier noch etwas gewichtiger. Ein weiterer Punkt ist die Zeitkomponente. Kann man eine Kapitalleistung sowohl im Jahr 2021 als auch erst in den Jahren darauf beziehen, ist darauf zu achten, dass man diese erst ab dem Jahre 2022 bezieht – dann gilt der neue § 37 im Steuergesetz Zürich. Ein Wohnsitzwechsel dürfte sich in den aller wenigsten Fällen aufdrängen, zumal in vielen Konstellationen ja auch die Einzahlungen in Zürich abzugsfähig waren. Plant man jedoch sowieso seinen Lebensabend woanders in der Schweiz – oder sogar im Ausland – zu verbringen, ist es ratsam, genau zu prüfen wann ein Bezug Sinn ergibt.

Geschrieben von
Cyrill Habegger
Leiter Steuern, dipl. Steuerexperte